10. Kennenlerntreffen

Wie ein Stern am Himmel

Am 30. September und 1. Oktober 2006 fand das 10. Kennenlerntreffen von „Leben ohne Dich“ statt.

Nun war es so weit: mein erstes KLT bei LoD in Attendorn. Ich habe mich sehr auf dieses Treffen gefreut und war gespannt darauf, wie die Sternenmamas und -papas aussehen, die sich hinter manch einem Beitrag im Internet verbargen. Gleichzeitig war ich sehr aufgeregt, weil ich nicht wusste was mich erwartet.

Vor der Akademie versammelten sich die ersten Teilnehmer/innen. Bodo und Tina begrüßten alle ganz herzlich und verpassten jedem ein Namensschild mit dem dazugehörigen Sternchen. Das machte das Kennenlernen und die Zuordnung zu den vielen traurigen Schicksale der einzelnen Kinder, die man durch LoD inzwischen kannte, etwas leichter.

Viele Eltern kannten sich schon von früheren Treffen. Ich, und ich denke auch alle anderen Neuen in der Runde, fühlten sich schnell gut aufgehoben. Bei Kaffee und Kuchen begrüßte uns Bodo noch einmal ganz offiziell zu diesem Jubiläumstreffen. Nach der kleinen Stärkung trafen wir uns alle in „unserem Raum“.

Gleich beim Eintreten stockte mir der Atem. Leise Musik spielte im Hintergrund. Der Raum war so liebevoll hergerichtet… eine Atmosphäre, die ich nicht beschreiben kann.

In der Mitte des Raumes lag eine Sonne und auf jedem Sonnenstrahl stand der Name des Sternenkindes, deren Eltern heute anwesend waren. Wie schön, den Namen von seinem Sternchen zu lesen… Jeder legte bzw. stellte ein Bild und eine Kerze zu seinem Sonnenstrahl und suchte sich einen Platz in dem großen Stuhlkreis.

Links neben der Sonne lag ein weißes Tuch, bemalt mit einem Mond und den Namen unserer Kinder mit den dazugehörigen Gedenktagen und vielen kleinen bunten Teelichtern.

Rechts neben der Sonne lag ein blaues Tuch. Darauf stand für jedes Sternenkind eine Kerze liebevoll von Carmen und Ute mit dem Namen, Mond und Sternchen verziert.

Die sanften Klänge der Musik, die vielen Fotos der Kinder und das alles im Schein der vielen Kerzen ließ mich gleich mit den Tränen kämpfen.

Als alle saßen, begann Tina die Vorstellungsrunde mit dem Hinweis, dass jeder nur soviel sagen braucht, wie er möchte. Sie nahm ein Licht in die Hand, stellte sich und ihr Sternenkind Yannis vor und reichte dann dieses Licht in der Runde weiter. Dabei wurde für jedes Kind eine Kerze bei den Sonnenstrahlen angezündet, bis die ganze Sonne im Kerzenschein strahlte.

Je näher das kleine Licht zu mir rückte, desto größer wurde der Kloß in meinem Hals. Ich hatte mir sorgfältig zurecht gelegt was ich sagen wollte. Ich war in der Runde fast die Letzte. Mit jedem, der sich und sein Sternenkind vorgestellt hat, wuchs in mir diese endlose Traurigkeit und die starke Erinnerung an mein eigenes Sternenkind, und ich brachte letztendlich nur ein paar kurze Sätze hervor. Aber das war in Ordnung so.

Nach der Vorstellungsrunde wurde das Gedicht „Sterneneltern“ vorgetragen. Kleine bunte Kärtchen wurden verteilt. Diese konnten wir nutzen, für Grüße, Botschaften an unsere Kinder, die dann am anderen Tag zusammen mit den Luftballons in den Himmel steigen sollten.

Die Pause nutzten viele für ein Gespräch, um die kleinen Briefchen zu schreiben oder auch in den Büchern zu stöbern, die Tina ausgelegt hatte aus ihrem privaten Besitz.

Nachdem sich alle wieder eingefunden hatten, las Bodo uns die wundervolle Geschichte „Sternenkindertraumland“ und Carmen trug das Gedicht „Nachricht an Mama“ vor. Der Nachmittag, die Zeit schien dahinzurasen, wurde mit einer Befindlichkeitsrunde beschlossen. Tina reichte wieder die kleine Kerze herum und jeder durfte kundtun, wie es ihm gerade geht.

Nach dem Abendbrot trafen sich alle im gemütlichen Kaminzimmer. In lockerer Runde bei loderndem Feuer, Nervennahrung (die einige Eltern spendiert hatten, nicht zu vergessen Degas „Stadtwurst“) und guten Getränken fanden nicht nur ernste Gespräche über unsere Kinder statt, wir konnten auch herzlich miteinander lachen.

Thomas, der Papa von Kathrin, machte aus dem Abend ein besonderes Erlebnis. Er brachte seine Gitarre mit und sang dazu sehr schöne leise Lieder.

Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, trafen wir uns alle mehr oder weniger ausgeschlafen wieder in „unserem Raum“. Ich fühlte mich fürchterlich ausgelaugt und überrollt von meine Gefühlen, Erinnerungen… Aber irgendwie war immer jemand da, der mir die Hand reichte, durch Gesten und Worte zeigte, dass man verstanden wurde. Ich fühlte mich einfach nur aufgehoben und beschützt in diesem „unseren Raum“.

Nach einer Befindlichkeitsrunde las Bodo den 2. Teil der Geschichte „Sternkindertraumland“ vor. Carmen und Ute hatten für uns einen kreativen Teil vorbereitet. Jeder durfte zur Erinnerung an dieses Wochenende und an unsere Kinder ein Armband, eine Kette oder einen Schlüsselanhänger mit Steinen in den verschiedensten Farben und Formen basteln. Jeder konnte seiner Phantasie freien Lauf lassen.

Danach sangen alle gemeinsam mit zitternden Stimmen und vielen Tränen das bewegende Lied „Bridge Over Troubled Water“ von Simon und Garfunkel. Es war ein sehr emotionaler Moment. Ich bekam keinen Ton heraus und stellte mich einfach nur in den Kreis dazu.

Anschließend nahm sich jeder einen aufgeblasenen Luftballon und befestigte seinen kleinen Brief für sein Sternenkind daran. Wir machten einen kleinen Spaziergang zu einem nahe gelegenen Acker. Dort ließen wir dann die Luftballons mit all unseren Wünschen für unsere Kinder in den Himmel steigen. Wir wandten den Blick erst ab, als kein Luftballon am Himmel mehr zu sehen war. Ob sie wohl bei unseren Kindern angekommen sind?

Nach dem Mittagessen saßen wir noch kurz beisammen, bevor wir uns alle herzlich voneinander verabschiedeten.

Es viel mir schwer, diesen geschützten „unseren Raum“ zu verlassen, die Geborgenheit, die mich da umgab. Dort durfte ich für 24 Stunden „Ich“ sein, meinem riesigen Schmerz freien lauf lassen… Vor niemanden brauchte ich mich zusammen zu reißen. Und mein Kind war mir 24 Stunden lang so nah, wie schon lange nicht mehr. Und dafür danke ich Tina und Bodo und allen anderen, die da waren.

Es ist nicht einfach nach so einem anstrengenden Wochenende die Normalität des Alltags zu leben. Trotzdem würde ich das nächste Mal gern wieder dabei sein.

Katrin mit ihrem kleinen Spatzen Markus

Unsere Eltern:

Stehend auf der Bank: Horst (Stephanie), Hans Peter (Stefan), Uwe (Bastian), Claudia (Hannah), Marita (Stephanie), Dirk (Jessica)
Davor stehend: Michael und Ursula (Michael Ulli), Heike (Bastian), Karin (Daniela), Angelika (Steffi), Sandra (Jan-Erik und Julius), Ruth (Christian), Martina (Stefan), Ute (Jörg), Tina (Yannis), Katrin (Markus), Thomas (Kathrin)
Davor knieend: Angela (Kathrin), Harry (Steffi), Carmen (Fabian), Dega (Franz Ferdinand)

Vielen Dank, liebe Katrin, für diesen sehr persönlichen und einfühlsamen Bericht.
Tina & Bodo

Alle Bilder © Copyright „Leben ohne Dich“