11. Kennenlerntreffen

Dein Name bleibt !

Am 16. bis 18. Februar 2007 fand das 11. Kennenlerntreffen von „Leben ohne Dich“ statt.

Am Freitag, dem 16. Februar, fuhren wir mit sehr gemischten Gefühlen zur Akademie Biggesee. Das elfte Kennenlerntreffen von LoD sollte dieses Mal zum aller ersten Mal über ein ganzes Wochenende stattfinden. Leider hatten wir die Jahreshauptversammlung, die direkt vor dem Treffen stattfand, um ein paar Minuten versäumt. So hatten wir genügend Zeit zum Einchecken. Anschließend suchten wir nach unserer Gruppe. Wir wurden direkt sehr herzlich von Tina, Bodo, Angelika, Ute, Claudia etc. empfangen und bekamen unsere Namensschilder, mit dem Namen unseres Sohnes für die einfachere Identifikation. Die ersten Gespräche wurden geführt und somit „das Eis“ gebrochen.

Nach dem Abendessen fanden wir uns alle zu einer Kennenlernrunde in einem Seminarraum ein. Wir fanden einen sehr liebevoll hergerichteten Raum vor. Eine große Papiersonne strahlte in der Mitte des großen Stuhlkreises; der Kern, eine große Kerze, mit allen Namen unserer Sternenkinder. Jeweils ein Sonnenstrahl für jedes Kind, darauf ihre Namen geschrieben. Die Eltern stellten hier ihre mitgebrachte Kerze und ein Bild von ihrem Kind auf den jeweiligen Strahl. Eine wundervoll lebendige Sonne entstand in der Mitte. Drumherum standen zwei große Tulpensträuße, ein Freundeskreis, eine Engelsskulptur und viele kleine Teelichter. Im Hintergrund lief sehr leise Meditationsmusik, welche diese anheimelnde Wirkung noch verstärkte. Rechts der Sonne standen von Ute selbstbemalte Kerzen, mit dem Namen eines jeden Sternenkindes und dessen Eltern. Links der Sonne lag eine Papiertischdecke, die später von uns gestaltet werden sollte.

Die Runde wurde von Tina eingeleitet. Sie erzählte ihre und Yannis‘ Geschichte und hatte dabei eine ihrer Meditationssteine in der Hand, den sie am Ende ihrer Geschichte an den oder die Nächste weitergab. So machte der Stein von einem zum anderen die Runde und jeder erzählte soviel er konnte und wollte. Es war eine sehr lange und ausführliche Vorstellungsrunde und nach jeder einzelnen Geschichte durfte die Kerze eines jeden Sternenkindes angezündet werden – die erste Hürde des Kennenlerntreffen war genommen und fürs erste ausreichend.

Wir gingen anschließend zum „gemütlichen Teil“, in einem der großen Fernsehzimmer nahe der hauseigenen Bar, über, denn leider hatten wir den „Run“ um das Kaminzimmer verloren. Hier konnte sich, in lockerer Runde, weiter ausgetauscht werden.

Am nächsten Morgen, nach einem ausgiebigen Frühstück, fanden wir uns erneut in „unserem Raum“ ein. Das Kennenlerntreffen hatte das Motto „Dein Name bleibt“. Nach einer kurzen Befindlichkeitsrunde wurde dazu von Carmen das sehr schöne Gedicht von Drutmar Cremer „Mit meinem Herzen schrieb ich in den Sand: Dein Name bleibt!“ vorgelesen und ausgeteilt.

Anschließend durfte jeder der Eltern aus dem Schmetterlingsalphabet den Namen seines Kindes heraussuchen und auf die Papiertischdecke, in der Mitte des Kreise, legen. Der Name wurde von den Eltern laut ausgesprochen und von der Gruppe laut wiederholt. Es tat so gut den Namen seines Kindes wieder einmal laut zu hören!

Ute hatte sich die Mühe gemacht um die Bedeutung des Namens eines jeden Kindes herauszubekommen und dies auf ein postkartengroßes Kärtchen gedruckt, dieses laut vorgelesen und es den Eltern überreicht. Danach wurde zu einer großen Diskussionsrunde eingeladen. Thema: „Was hilft dir bei deiner Trauerarbeit?“ – Hierzu wurde sich dann ausgiebig ausgetauscht.

Nach der Mittagspause (in der wir uns zum gemeinsamen Essen oder aber auch Spaziergängen und Gesprächen getroffen hatten) bekamen wir noch ein Gedicht vorgetragen. Es lautet: „Ich sehe dich in jeder Wolke“. Im Anschluss bekamen wir die Möglichkeit unserer Trauer kreativ gegenüber zu treten. Richtige kleine Kunstwerke entstanden auf gemalten Leinwänden aus vielen verschiedenen Farben, Motiven, Daten und Buchstaben. Zurück in unserem Raum bekamen wir von Carmen noch die Geschichte „Du wirst ihn einfach Mama nennen“ vorgetragen. Zum Abschluss bekamen wir noch liebevoll gestaltete Postkarten, die wir mit Botschaften an unser Kind, bis zum nächsten Tag, beschriften sollten.

Gestärkt durch das Abendessen fanden sich wieder alle zur gemütlichen Runde, diesmal im berühmt berüchtigten Kaminzimmer, ein. Hier konnte man sich wieder in sehr angenehm lockerer Atmosphäre, verwöhnt durch allerlei Naschereien ob herzhaft oder süß, austauschen. Unter sehr ernsthaften Gesprächen wurde auch viel gescherzt und gelacht. Die „alten Hasen“ unserer Gruppe hatten die Befürchtung, dass wir „Neuen“ dadurch einen Schaden erlitten hätten. Aber davon keine Spur, es zeigte uns nur, wie sehr weinen und lachen beieinander liegen und gab uns Neuen die Hoffnung, dass auch wir, wenn die Zeit irgendwann dafür gekommen ist, vielleicht oder auch ganz bestimmt wieder ohne schlechtes Gewisses lachen können und dürfen und immer mit unserem Sternchen im Herzen (lieber Uwe, lieber Dirk, lieber Helmut, wir werden euch nicht so schnell vergessen).

Am nächsten Morgen trafen wir uns wieder, ziemlich ausgelaugt, ziemlich müde, aber wieder bereit für den, leider letzten, gemeinsamen Vormittag zum gemeinsamen Frühstück. Anschließend trafen wir uns wieder in unserem geschützten Raum. Nach einer kurzen Befindlichkeitsrunde las uns Bodo die „Bohnengeschichte“ vor. Dazu bekamen wir anschließend ein Täschchen gefüllt mit Bohnen und der Geschichte überreicht. Diese Geschichte hat uns sehr beeindruckt und nachdenklich gemacht.

In unserer Mitte befand sich an diesem Morgen ein großer Strauß mit den schönsten Kirschbaumästen. Für jedes Kind war ein Ast bestimmt. Wir durften weiße Geschenkbänder mit dem Namen unseres Kindes und einer dazugehörigen Botschaft beschriften und an je einem Ast befestigen. Diesen Ast durften wir im Anschluss an das Seminar mit nachhause nehmen. Ebenso die wundervoll gestaltete Kerze von Ute. Im Anschluss daran widmeten wir uns erneut unseren kleinen Kunstwerken, um ihnen den letzten Schliff zu geben. Nachdem jeder einzelne sein Bild fertig gestellt hatte, trafen wir uns wieder in unserem Raum und wir Neuen lernten die Hymne von den verwaisten Eltern „Bridge Over Troubled Water“ von Simon & Garfunkel, mit deutscher Übersetzung, kennen.

Wir standen alle im Kreis und hörten einmal das Lied, ohne mitzusingen. Tina lud uns danach alle zum Mitsingen ein, stellte es aber frei, denjenigen, die nicht mitsingen konnten oder wollten, den Raum zu verlassen. Bis auf wenige Ausnahmen stimmten alle mit ein – ein sehr bewegender Moment! Noch nie war uns dieses Lied so nahe gegangen. Mit Tränen erstickter Stimme sangen auch wir mit.

Nach einer kurzen Pause, in der Bodo und Harry bereits die Luftballons für unsere Sternchen fertig machten, fanden wir uns ziemlich aufgewühlt, aber befreit im Raum wieder ein. Jeder bekam einen oder zwei Luftballons seiner Wahl, um seine Karten mit all seinen Wünschen, Grüßen und Botschaften versehen, daran zu befestigen. Bei strahlenden Sonnenschein machten wir uns auf den Weg zum Stammplatz des Ballonhighlights auf. Auf Kommando ließen wir unsere Ballons los. Es war eine beeindruckende Luftballonformation. Sie funkelten wie Diamanten in der Sonne. Wir sahen ihnen nach, bis keiner mehr zu sehen war. Meinem Mann kam der Gedanke: „Jetzt sind sie nicht mehr zu sehen, dennoch wissen wir, dass die Ballons dort oben sind, genauso wie unsere Sternenkinder. Wir können sie nicht mehr sehen, aber dennoch sind sie immer da.“ – Ein sehr beruhigender Gedanke.

Danach fanden wir uns ein letztes Mal in unserem Raum ein. Dieses mal wurden wir nicht zur abschließenden Befindlichkeitsrunde eingeladen, sondern Tina wollte mindestens einen ganzen Satz von einem Jeden hören. Direkt im Anschluss wurden die Ersten ganz herzlich verabschiedet und die Übrigen trafen sich zum letzten gemeinsamen Mittagessen.

Nach Beendigung des letzten Mittagessens trafen wir uns allesamt wieder um uns voneinander zu verabschieden, man spürte hierbei die bereits aufgebaute Vertrautheit und Verbundenheit sehr stark. Wir fuhren mit einem weinenden und mit einem lachenden Auge nach Hause. Weinend aus dem Grunde, weil wir an diesem Wochenende unserer Trauer „freien Lauf“ lassen konnten und nun wieder ins „normale Leben“ zurückkehren mussten. Aber auch mit einem lachenden Auge, dass wir ein so tolles Wochenende mit Gleichgesinnten verbringen durften.

Vielen Dank, Tina und Bodo, dass Ihr uns dies ermöglicht habt!

Geschrieben von Ingrid und Alexander Schiebel

Unsere Eltern:

Stehend: Horst (Stephanie), Uwe & Heike (Bastian), Martina & Hans Peter (Stefan), Alex & Ingrid (Robin), Katja & Karsten (René), Claudia & Uwe (Christian), Harry (Steffi), Claudia (Hannah Louisa), Conny (Johannes), Dirk (Jessica), Birgit (Stanjo), Ursel & Michael (Michael Ulli)

Davor knieend: Pierre (Fynn), Michael (Vivien), Ellen (Anne), Ute (Jörg), Conny (Vivien), Evi (Stefanie), Carmen (Fabian), Helmut (Stefanie), Brigitte (Niklas), Angelika (Steffi), Tina (Yannis), Marion (Jessica), Marita (Stephanie)

Vielen Dank, liebe Ingrid, lieber Alex, für diesen sehr schönen Bericht. Wir wissen, wie schwer es ist, alle Eindrücke im Nachhinein noch einmal so zu verarbeiten.
Tina & Bodo

Alle Bilder © Copyright „Leben ohne Dich“