13. Kennenlerntreffen

Zeit

Erwartungen hatte ich keine, als mein Mann Klaus und ich uns für das Kennenlerntreffen bei Attendorn angemeldet hatten. Eher die Befürchtung mich dort fremd zu fühlen und/oder mit diesem Wochenende einen weiteren Absturz herbei zu führen.

Als ich aber knapp vier Wochen vor diesem Treffen in unserer SHG erfuhr, dass lieb gewonnene Menschen auch dort sein würden, waren diese Ängste verflogen und ich habe mich darauf gefreut.

Als wir am Freitagabend nach kurzer Fahrt in der Akademie Biggesee ankamen, wurden wir sehr herzlich von Bodo und Tina, unseren schon bekannten Freunden aus der SHG aber auch von lieben Menschen begrüßt, die wir zuvor nur einmal flüchtig bei unserem Tag der Begegnung in Kierspe kennen gelernt hatten.

Jeder der Teilnehmer bekam einen Aufkleber mit seinem Namen und dem Namen des verstorbenen Kindes. Das machte die Kommunikation an diesem und den nächsten Tagen leichter.

Ich war sehr gespannt, wie das Programm gestaltet werden würde und fühlte mich schnell sicher, als wir nach dem gemeinsamen Essen in unserem Gruppenraum mit einer Vorstellungs- und Befindlichkeitsrunde begannen. Das kannte ich von unserer SHG und es half, mich schnell sicher zu fühlen.

Der Raum war mit einem großen Stuhlkreis versehen, in dessen Mitte sich eine Sonne befand, deren Strahlen mit den Namen unserer Kinder beschriftet waren. Dort stellten wir die Fotos unserer Kinder und Kerzen auf. Verschiedene Größen von Freundeskreisen, ein wunderbarer Engel und frische Blumen bildeten zusammen ein harmonisches Bild.

In dieser Mitte befand sich auch ein beschriftetes Tuch in dessen Ecken die Wörter Trauer und Zeit zu lesen waren. In der Mitte des Tuches eine aufgemalte Uhr. Unser Thema des Wochenendes war: „Zeit“.

Wir wurden gebeten, die Namen unserer verstorbenen Kinder auf das Tuch zu schreiben und anschließend laut den Namen unseres Kindes und das Sterbedatum auszusprechen, was anschließend von der Gruppe laut wiederholt wurde.

Ich fühlte, wie aufmerksam die Menschen um mich herum und ich selbst zuhörten und bei jedem einzelnen Kind den Namen und das Datum wiederholten. Den Raum erfüllte eine starke Zusammengehörigkeit.

Wir sprachen über die Zeit und unsere Gedanken und Gefühle zu diesem Thema.

Im Laufe des Wochenendes bekamen wir verschiedene Texte, die Impulse zum Nachdenken und für Gespräche gaben. Der Text von der Traurigkeit beeindruckte mich am meisten.

Abends traf man sich zu besinnlichen, aber auch lockeren Gesprächen im Kaminzimmer.

Es tat sehr gut zwanglos und intensiv über unsere Kinder zu sprechen, liebe Menschen kennen zu lernen und einfach nur da zu sein.

Ich habe – und ich denke auch so manch anderer, das erste Mal im Leben einen Brief an mich selber geschrieben. Bin schon sehr gespannt, was ich mir zu sagen hatte, denn unsere Briefe werden uns in nächster Zeit von Bodo zugesandt.

Dann besuchte uns Dirk Matzik von „T.A.B.U.“ um einen Vortrag über Trauer und Zeit zu halten. Seine anschließende Meditationsrunde hat mich sehr fasziniert, weil ich mich danach sehr entspannt und ruhig fühlte.

Auch wurden wir kreativ. Wir bastelten eine Jahresuhr, die wir mit vielerlei Klebebildern bestücken, anmalen und beschriften konnten. So entstand für jeden eine ganz individuelle Erinnerungsuhr.

Als wir danach in unseren Gruppenraum zurückkehrten, empfingen uns viele bunte Luftballons, die an unseren Stühlen befestigt waren. Sowohl auf die Ballons, als auch auf die Karten, die wir daran befestigten, schrieben wir Nachrichten an unsere Kinder. Für mich ein sehr bewegender Augenblick.

Als Tina darauf hinwies, dass das Spielen der weltweiten Hymne für verwaiste Eltern „Bridge Over Troubled Water“ sehr emotional sei und man evt. den Raum verlassen möchte, dachte ich: „Das schaffst Du schon, du möchtest doch dabei sein.“ Es wurde für mich sehr tränenreich und im Nachhinein denke ich, würde ich es nicht mehr so machen. Denn der anschließende Höhepunkt unseres Kennenlerntreffens, das Steigenlassen der Ballons für unsere Kinder, fiel mir dadurch doch recht schwer.

Nach diesen Tagen bin ich mir nun sicher, den richtigen Weg mit LoD eingeschlagen zu haben, insbesondere mit der SHG Kierspe. Ich bin sehr dankbar euch alle kennen gelernt zu haben und hoffe den ein oder anderen einmal wieder zu sehen.

Vielen Dank für dieses Wochenende.

Susanne Ferlemann

Unsere Eltern und unser Schmetterling mit den Namen unserer Kinder:

Stehend: Hans Peter (Stefan), Christiane & Clemens (Tobias), Ute (Jörg), Ursel & Michael (Michael Ulli), Marita (Stephanie), Susanne (Kevin), Marion (Jessica), Heike & Uwe (Bastian), Paul & Brigitte (Dirk), Ernst (Nicole), Dirk (Jessica), Annegret (Markus & Lars), Klaus (Kevin)

Davor knieend: Horst (Stephanie), Christian & Sabina (Daniel), Tina (Yannis), Anke (Thorsten), Josette (Nicole), Martina (Stefan)

Vielen Dank, liebe Susanne, für diesen sehr persönlichen und eindrucksvollen Bericht. Tina & Bodo

Alle Bilder © Copyright „Leben ohne Dich“