Wochenspiegel (Eifel) vom 03.11.2004

Trauer erleben und leben – wenn ein Kind stirbt

Familie Zimmer verlor ihre Tochter –
aber vergessen werden sie ihre Sina nie

Täglich sterben in unserer modernen Gesellschaft Kinder und die „verwaisten Eltern“ stehen vor einem Scherbenhaufen. Der Sinn des Lebens und somit ein Teil der Zukunft wird den Eltern genommen. Egal in welchem Alter der Sohn oder die Tochter stirbt, ein Stück des eigenen Herzens geht verloren.

Der Verlust eines Kindes ist nicht der natürliche Weg, der uns in unserem Dasein gegeben ist. In unserer Gesellschaft werden Menschen auf alle erdenklichen Situationen vorbereitet, nur der Tod ist häufig ein Tabuthema.

„Das Leben muss weitergehen“ – „Die Zeit heilt alle Wunden“ – „Ihr seid noch Jung“ – „Es war doch besser für das Kind“ – All diese so schnell gesagten Floskeln sind Messerstiche in die Herzen der Eltern. Eltern oder auch Geschwister müssen einen lebbaren Weg in die Zukunft finden. Höhen und Tiefen meistern und immer wieder aus dem tiefen Loch der Trauer den Weg an die Oberfläche finden.

Auch Claudia und Frank Zimmer aus Arzfeld mussten diesen Verlust im Dezember 2003 am eigenen Leibe erfahren. Ein zuvor kerngesundes Kind im Alter von zwei Jahren, ihre Tochter Sina, starb innerhalb von vier Tagen nach einer Grippe an einem akuten Leberversagen.

„Man ist wie in Trance – was um einen herum passiert läuft ab wie ein schlechter Film und man denkt, wann wache ich auf und der Albtraum ist vorbei“, erklärt Frank Zimmer die allgegenwärtigen Gedanken. „Alles dreht sich nur noch um ein Wort – ‚warum‘ – warum mein Kind und nicht ich?“ Frank Zimmer schildert, dass die Umwelt meistens nach der Beerdigung mit dem Thema abschließt, aber für die Eltern ist das unmöglich. „Über die Geschehnisse reden und sein geliebtes Kind immer in Gedanken zu behalten, das ist es, was zählt“, sagt der „verwaiste“ Vater.

In ihrer Trauer haben die Zimmers eine Homepage für ihre Tochter im Internet eingerichtet. „Unter www.diezimmers.com möchten wir immer an unseren Sonnenschein erinnern und auch Anderen die Möglichkeit geben, unsere Tochter, auch nach ihrem Tod, kennen zu lernen. Hier der Umwelt zu zeigen, dass die Gedenktage, wie beispielsweise der Geburtstag, gefeiert werden und das Kind nie aus unserem Herzen geht, ist unser Anliegen. Aber viele Eltern haben Ihren Kindern einen solchen Gedenkplatz eingerichtet und dadurch einen wichtigen Schritt in der Trauerarbeit getan“, schildert Zimmer.

Familie Zimmer fand bei dem Verein „Leben ohne Dich“ einen wichtigen Anlaufpunkt. Der Verein wurde aus einer Selbsthilfegruppe in Mülheim ins Leben gerufen und bietet im Internet eine erste Anlaufstelle, um sich gemeinsam mit anderen Betroffenen auszutauschen. Auch „Kennenlerntreffen“ werden angeboten um persönlich Erfahrungen mit anderen „verwaisten Eltern“ auszutauschen. Unter www.leben-ohne-dich.de ist dieser Verein jederzeit für Betroffene da.

„Unsere Gesellschaft sollte einfach auf Betroffene zugehen und versuchen, sich dem Thema zu stellen und darüber zu reden. Sie sollte einfach zeigen, dass ein verstorbenes Kind nicht vergessen ist – auch über Jahre hinweg. Menschen sollten hier nur da sein, zuhören und ein Wenig verstehen, dass die Zeit eine solche Wunde nicht heilt, sondern nur den Schmerz ein Wenig lindert und das Leben somit etwas lebbarer macht“, appellieren die Zimmers.